Sizilien
Sizilien beherbergt neben Sardinien eine weitere Inselpopulation von Tetsudo hermanni hermanni in Italien, welche repräsentativer nicht sein könnte. Gleich vier Regionalformen beherbergt Sizilien, welche im Gegensatz zu den Tieren aus Sardinien oder der Toskana in deutschen Zuchtkreisen eher weniger verbreitet zu sein scheinen.
Dabei gehören meiner Meinung nach die Schildkröten Siziliens zu den schönsten dieser Unterart, und obwohl sie sich eine Insel teilen unterscheiden sich die jeweiligen Lokalformen doch teilweise erheblich in ihrem Erscheinungsbild.
Aber lassen Sie uns erst über die Gemeinsamkeiten sprechen…
Grundsätzlich, und das ist sowohl bei den Inselpopulationen Italiens, wie auch auf Korsika festzustellen, sind zwei Merkmale typisch. Zum einen die Form des zweiten Wirbelschildes, welches immer U-förmig bzw. V-förmig in das erste Wirbelschild „hineinwächst“. Dies konnte ich ausnahmslos bei allen Inseltieren aus Italien bzw. Frankreich feststellen. Als zweites Merkmal, welches bei der überwiegenden Mehrheit der Individuen auftritt, sind die zwei schwarzen Streifen auf der Innenseite der Halsschilde zu nennen. Diese werden sichtbar, wenn die Tiere sich in den Panzer zurückziehen. Bei manchen Tieren tritt dieses Merkmal gelegentlich auch nur auf einer Seite bzw. gar nicht auf (auch bei älteren Tieren oft der Fall).
Allgemein konnte ich feststellen, dass die sizilianischen Tiere in ihrem Seitenprofil eher flach gewachsen sind. Der Kopf ist bei dieser Lokalform realtiv schmal und Spitz zulaufend.
Kommen wir nun zu den morphologischen Unterschieden der einzelnen Verbreitungsgebiete…
Ragusa
Die Provinz an der Südspitze Siziliens beherbergt eine relativ kleine, wunderschön gelb gefärbte Population von Testudo hermanni hermanni. Sie ist wenig kontrastreich gefärbt und allgemein sehr kompakt. Meine Tiere erreichen Gewichte bis ca. 600g (Weibchen) bzw. 450g (Männchen).
Mit knapp 14cm Panzerlänge gehören die Weibchen aus Ragusa zu den kleinsten Sizilianern die ich pflege. Im Vergleich zu anderen Lokalformen von Testudo hermanni hermanni gehören sie eher zu den kleineren Tieren.
Carapaxansicht eines Weibchens aus Ragusa. Die Tiere sind oft sehr gelb gefärbt mit einem geringen Schwarzanteil.
Auffällig ist die für Inseltiere typische U-Form des 2. Wirbelschildes.
Seitenprofil. Im Vergkeich zu anderen Regionalformen auf Sizilien sind die Tiere aus Ragusa eher rundlich in ihrer Wölbung.
Gut zu erkennen sind die hellen Extremitäten sowie Krallen des Tieres.
Madonie
Genau in der Mitte der Nordküste von Sizilien liegt die Madonie, eine Gebirgskette westlich von Palermo. Hier findet sich eine kleine Population von Schildkröten, welche in letzter Zeit immer mehr an Beliebtheit gewann, vermutlich weil sie bis dato eher unbekannt war. Die Tiere aus der Madonie sind, ähnlich wie die Hermannis aus Ragusa, typischerweise sehr gelb gefärbt, wobei der Grundton eher hellgelb ist. Die Extremitäten, wie auch der Kopf sind ebenfalls sehr hell mit auffällig vielen gelben Schuppen. Wie in jeder Population gibt es auch hier natürlich Unterschiede, so ist das unten gezeigte Weibchen aus meiner Gruppe sehr kontrastreich mit einem hohen Anteil an schwarz. Dennoch sticht auch bei diesem Tier die hellgelbe Panzerfärbung klar hervor. Selbst in italienischen Zuchten sind diese Tiere eher eine Besonderheit, vermutlich da das Gebiet, aus dem diese Tiere stammen, eher klein ist und eher peripher gelegen.
Madonie-Tiere sind mit ca. 800g (Weibchen) etwa mittelgroß, wobei die männlichen Tiere wesentlich kleiner bleiben (ca.400g). Sie sind nach den Tieren aus Nebrodi die zweitgrößte Lokalform auf Sizilien.
Ein Merkmal, was bei den Tieren aus der Madonie, wie auch aus Nebrodi auffällt, sind die sporenähnlichen Fortsätze an Hinterbeinen. dieses Merkmal ist normalerweise arttypisch für Testudo graeca, wobei genetische Untersuchungen keinerlei Korrespondenzen zwischen den beiden ergaben. Möglicherweise handelt es sich hierbei um ein evolutionäres Überbleibsel, aber das ist Spekulation...
Untypisch kontrastreich gefärbtes Weibchen aus der Madonie. Gut zu erkennen sind hellgelbe Grundfarbe des Panzers, sowei der auffällig gelbe Kopf.
Plastron des gleichen Tieres. Die verwaschenen Zeichnungselemente weisen auf das bereits höhere Alter des Tieres hin.
Die sog. "Tuberkel" sind kennzeichnend für sizilianische Testudo hermanni hermanni und normalerweise ein Artmerkmal von Testudo graeca.
ÄTNA
Wohl keine andere Lokalform von Testudo hermanni hermanni wurde in den letzten Jahren so gehypt wie die vom Ätna. Grund dafür ist meiner Meinung nach die immer größer werdende Beliebtheit von kleinbleibenden Arten. Wie einleitend beschrieben, wird die Population vom Ätna als DIE KLEINSTE von Testudo hermanni hermanni beschrieben. In meiner Zucht gehören sie zwar durchaus zu den kleineren Arten, jedoch würde ich sie nicht als die Kleinsten beschreiben...Mit knapp 10cm Panzerlänge ist mein Männchen zwar kein Riese, im Vergleich zu meinen Tieren aus Apulien dennoch etwas größer und schwerer. Die Weibchen sind mit ca. 14cm sogar größer als etwa die Weibchen aus Ragusa. Was ich bestätigen kann ist die eher dezentere, dunklere Färbung der Tiere. Der Grundton des Panzers ist eher olivfarben bis beige und erscheint im Allgemeinen eher einen grünlichen Schimmer aufzuweisen. Der Schwarzanteil ist sehr hoch, die Flecken auf der Innenseite des Kehlschildes sind sehr deutlich ausgeprägt. Der Kopf, wie auch die Extremitäten sind überwiegend bis komplett dunkel gefärbt. Im Seitenprofil sind die Tiere typischerweise recht flach, wobei der höhste Punkt des Panzers am hinteren Ende bzw.in der Mitte liegt.
Oft werden sehr dunkel gefärbte Nachzuchten als Ätna-Tiere verkauft, um die Tiere teurer verkaufen zu können. Hier muss man vorsichtig sein, denn es handelt sich wie gesagt um einen Trend, der auch gerne als Marketing-Strategie angewandt wird...
Weibchen vom Ätna. Auffällig (bzw. eher unauffällig...) ist der olivgrün/bräunliche Grundton des Panzers, sowie der hohe Anteil an schwarz, was für diese Lokalform kennzeichnend ist.
Das flache Seitenprofil des Panzers, typisches Merkmal sizilianischer Tiere.
Ebenso typisch sind die schwarzen Streifen auf der Innenseite des Kehlschildes. Dieses Merkmal tritt bei (fast) allen italienischen Inselpopulationen auf.
Nebrodi
Die Monti Nebrodi sowie der dazugehörige Nationalpark an der Nordküste Siziliens grenzt im Osten an den Ätna-Nationalpark an. Wenig verwunderlich, dass sich hier eine Population findet, die ihren Nachbarn vom Ätna sehr ähnlich ist. Testudo hermanni hermanni aus Nebrodi ist die größte Regionalform Siziliens und gehört zu den größeren Lokalformen der Unterart. Der Schwarzanteil und die sehr kontrastreiche Färbung sind hier klares Erkennungsmerkmal, desweiteren ist der sehr flache Panzer in der Daraufsicht recht langgezogen. Der gelbe Grundton des Panzers ähnelt den Tieren aus der Madonie, wobei der Kopf und die Extremitäten deutlich dunkler gefärbt sind. Der gelbe Fleck unter dem Auge, welcher eine typisches Merkmal für die Unterart darstellt, ist hier sehr auffällig ausgeprägt.
Weibchen aus Nebrodi. Gut zu erkenne sind die kontrastreiche, sehr dunkle Zeichnung sowie die U-Form des 2. Wirbelschildes.
Der abgeflachte Panzer ist typisches Merkmal dieser Lokalform.
Plastronansicht des gleichen Tieres. Die eher längliche des Panzers ist hier gut erkennbar.